Wie ich schon in einer meiner letzen Beiträge angedeutet hatte, war die Ankunft in Auckland mit einem großem Kultur- und vor allem Preisschock verbunden. Eine Schachtel Zigaretten ca. 25 €, eine Nacht im Hostel 20 €, auswärts Essen gehen mind. 15 €, Alkohol unbezahlbar. Also musste ich mich darauf einstellen öfter bzw. immer zu kochen, was allerdings immer noch recht teuer ist. Zudem musste ich günstige Unterkünfte finden und versuchen möglichst preiswert durch die Gegend zu fahren. Also entschied ich mich auf verschiedenen Farmen zu arbeiten und zu trampen. Letzeres sollte sich später als eine nicht ungefährliche Variante der Fortbewegung erweisen. Dazu später mehr.
Kurz nachdem ich mich auf der Wwoofing-Platform im Internet angemeldet hatte, fand ich auch schon meine erste Farm. Ian und Judy hieß das Paar, das mich beherbergen und beschäftigen sollte. Also machte ich mich von Auckland aus auf den Weg. Ich lief etwas außerhalb der Stadt um einen guten „lift“ (also ein Auto, das mich mitnimmt) zu bekommen. Also Daumen raus und warten. Nicht unweit von mir entfernt ein Typ Mitte 50 mit offenem Hemd, beharrtem hervorstehendem Bauch, der das Gleiche sich zum Ziel gesetzt hatte. Er kommt mir näher und mit ihm seine feuchte Aussprache. „Say it, don’t spray it“ dachte ich und ließ mich vollquatschen. Der Mann war passionierter Hitchhiker und erklärte mir, in meist unverständlichem Englisch, die Welt. Zumindest verstand ich die Eckpfeiler seiner Stories und somit auch seinen Hinweis, dass es immer einer gute Idee ist auf Friedhöfen zu schlafen für den Fall, dass keine Unterkunft parat steht. Der Grund: Friedhöfe sind für Diebe und andere Kriminelle oft ein No-Go. Leuchtet ein, dachte ich und stimmte dem waisen Mann zu. Als er dann begann zu erzählen, dass Geister auf Friedhöfen allerdings manchmal ein Problem seien, schrumpfte meine Begeisterung für das kluge Köpfchen und ich wendete mich ab, um meinem Primärziel weiter nachzugehen. Ohne ihn, ohne einen Grund, den Autofahrer nach Anblick seines vom Schweiß gebadeten Bauches, angewiedert vorbeirasen lassen. Und nach 10 Minuten hielt ein neuseeländisches Pärchen an. Das Auto ein Schrotthaufen, aber es soll fahren, anstatt mir zu imponieren. Also rein in den Schlitten und ab gehts Richtung Cambridge ca. 600 km südlich. Glücklichweise wollten die beiden genau in meine Richtung und ließen mich nach ca. 7 Stunden (dröhnender Musik) in Cambridge raus. Da die Farm etwas außerhalb des Dorfes lag, rief ich den Salatflüsterer an, um mich abholen zu lassen. Leider hatte dieser gerade keine Zeit und für mich hieß es nochmals Daumen raus. Nach 5 Minuten hielt ein luxuriöser Jeep an. Das Fenster geht runter und nach Klärung meines Ziels steige ich ein. Der Typ ca. 2,50 m groß, genau so breit, bis zum Hals volltätoowiert und begeisterter Jäger mit allerhand Waffen auf dem Rücksitz. Ein (jagender) Bodybuilder wie er im Buche steht. Auf dem 10 minütigen Weg stellte er sich als unheimlich freundlich heraus. Er bot mir an bei ihm zu wohnen, falls ich nach dem Farmstay nicht wisse wohin. Er würde mich mit zum jagen nehmen und mir die Gegend zeigen. Solche Einladungen waren für mich erstmal befremdlich, allerdings ist das bei den Kiwis weitesgehend normal, da der Großteil der Menschen sehr gastfreundlich ist und viele sich einfach freuen, wenn sie Fremden ihr wunderschönes Land zeigen können. Er gab mir also seine Nummer und ließ mich direkt vor der Tür meiner Farm heraus. Einfacher könnte trampen nicht sein.
Mit Sack und Pack treffe ich auf Ian, den Salatbauern. Ebenfalls unheimlich freundlich. Mein Gepäck lasse ich auf dem Hof stehen und springe direkt in seinen Truck um direkt ein paar Erledigungen auf seinem Anwesen zu machen. Feuer machen! Das war unser Auftrag. Also fuhren wir über sein unglaubliches Anwesen und zündeten dutzende kleine Hügel bestehend aus zuvor geschnittenen Baumästen an. Entspannter Job. Mit dem Pickup durch eine Gegend, die etwas an Herr der Ringe erinnert, fahren und Feuer machen. Ian ist, mit meinen Künsten ein Feuerzeug zu bedienen, sehr zu frieden… Nach ca. 2 Stunden zündeln, Feierabend.
Hier mein erstes Feuer und ein paar Bilder von der Farm:
Das Essen an diesem Abend unglaublich gut. Es gab Steak mit Bratkartoffeln und Salat und alles in unglaublichen Mengen. Hier lässt es sich aushalten, dachte ich mir. Ich hatte meine eigene Schlafkammer mit Küche, Bad und Frühstücksutensilien. Nach einem Bier und einer Einführung seines Hofes ging es dann schlafen…
Ian ist Salatbauer, betreibt zudem einen kleinen Catering-Service und bietet sein Anwesen für verschiedene Interessenten (Paintballclubs oder Offroadtrainings für Automobilunternehmen) an. Auf dem Gelände läuft 24 Stunden lange laut Musik. Als ich Ian nach dem Grund frage, antwortet er: „Der Salat liebt Musik, er wächst besser mit ein paar Rockoldies!“ Ian liebt Salat und der Salat scheint eine Art Verbindung zu ihm aufgebaut zu haben. Am Wochenende verkauft er somit als „Salatflüsterer“ den Salat auf umliegenden Bauernmärkten. Meine Arbeit bestand also zum Einen aus Salat pflanzen, Salat ernten und Salat verkaufen. Und der Salat ist so beliebt, dass ich es kaum glauben kann. Die Menschen sind geradezu verrückt danach. Musik für guten Salat. Ich bin beeindruckt! Neben dem Salatbusiness gab es aber noch einen Haufen anderer Sachen zu tun. Wie z.B. ein Baumhaus für seine Kinder und einen Bunker für die Verrückten vom Paintballverein zu bauen oder auch Wege zu markieren. Sehr abwechslungsreich also und mit Ian hatte ich einen sehr geduldigen und überaus entspannten „Chef“ an meiner Seite.
Das luxuriöse Baumhaus und wir beim Salat verkaufen:
Ein sehr spezieller Job hatte sich eher spontan ergeben. Als ich eines Tages schon Feierabend hatte, saß ich draußen und genoss meinen Kaffee. Schnell bemerkte ich Rauch über dem Anwesen, dachte mit aber zunächst nichts dabei. Schließlich hatten wir bereits an meinem ersten Tag etliche Feuer gemacht, die teilweise auch noch an diesem Tag brannten. Dann wurde der Rauch aber mehr und mehr und noch mehr. Dann hörte ich Sirenen und der erste Feuerwehrtruck fuhr an mir vorbei, runter ins Tal auf Ians Anwesen. Dann folgte ein 2. Truck. Es folgte noch ein Wassertruck und 2 kleinere Feuerwehrfahrzeuge. Ok, hier ist Action und ich ging Richtung Rauch. Ein Abhang hatte Feuer gefangen und mit ihm ein riesengroßer uralter Baum. Aber warum? Als ich Ian fragte, sagte er ein Blitz sei Schuld gewesen. Komisch?! Blauer Himmel, kein Regen, kein Gewitter! Ich fragte nicht weiter, da Ian zu beschäftigt und auch bisweilen angepisst schien. Er hätte mir genauso gut erzählen können, dass ein Drache schuld an dem Desaster gewesen wäre. Ich denke, dass Ian selbst etwas unachtsam Feuer gelegt hatte, behalte diesen Gedanken aber für mich. Wie auch immer, Feuer ist Feuer und muss gelöscht werden. Dies gestaltete sich schwieriger als gedacht und die ca. 30 köpfige Feuerwehrcrew kämpfte 2 Tage gegen das lodernde Feuer. Aber was war mein Job?! Dabei stehen und doof gucken ist kein Job. Als das Feuer endlich gelöscht war, war ich derjenige, der für die verruste Manschaft grillen durfte. Es gab also Bier und Wurst auf Kosten des Hausherrn und zubereitet durch seinen kleinen Hobbit. Verrückte Tage. Für mich ein sehr amüsantes Spektakel, für Ian eher nicht so spaßig und tatsächlich schade um den schönen Baum, der nun ruiniert war.
Leider nur ein Foto vom verkohlten Baum:
An meinem letzten Tag hatte ich frei. Es gab eine große Veranstaltung auf Ians Anwesen. VW hatte sich sein Heim für ein Offroad-Fahrsicherheitstraining ausgesucht. So kamen 3 LKW’s vollgeladen mit 30 nagelneuen VW Pickups um die Ecke. Reiche Neuseeländer bezahlten eine Stange Geld, um ein bisschen Spaß mit den kleinen Flitzern zu haben. Lustig anzusehen… Allerdings versäumte ich Fotos zu machen bzw. konnte nur eines finden auf dem das Auto eines VW Kunden abgebildet ist. Das Nummernschild sagt alles:
Der Aufenthalt bei Ian und Judy war eine super erste Wwoofing-Erfahrung und sollte mit die beste bleiben. Note 1-!
Nach meiner Verabschiedung sollte es in Richtung nächster Farm gehen… Per Anhalter Richtung Süden. Leichter gesagt als getan. Und zum ersten Mal musste ich sehr unschöne Erfahrungen mit dem günstigsten Reisemittel der Welt machen. Und das in einem Land, das viele für eines der sichersten der Welt halten. Mehr dazu im 2. Teil.
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